Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Zahnmedizin

Systemische Antibiotika werden in der Zahnmedizin regelmäßig verschrieben. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Unsicherheiten. Die aktuelle S3 Leitlinie zur Behandlung der Parodontitis umreißt die Indikationen für den Einsatz systemischer Antibiotika. Demnach kann diese zusätzliche antimikrobielle Therapie vor allem bei jungen Patienten mit nachgewiesener schneller Progression erwogen werden.

Überzeugende Evidenz in der Parodontitis-Therapie

Aus zahlreichen klinischen Studien und systematischen Übersichtsarbeiten liegt eine überzeugende Evidenz für die Wirkstoffkombination Amoxicillin mit Metronidazol vor. Die Kombination aus Amoxicillin plus Metronidazol wurde ursprünglich zur adjuvanten Behandlung einer mit Aggregatibacter (Actinobacillus) actinomycetemcomitansassoziierten Parodontitis eingeführt. Diese, auch als „Van-Winkelhoff-Cocktail“ bekannte Antibiotikakombination hat gegenüber den Einzelpräparaten bereits eine Überlegenheit gezeigt.

  • Amoxicillin: Das Betalaktam-Antibiotikum hat bakterizide Eigenschaften gegen alle grampositiven und einige gramnegative Bakterien. Wie für alle Penizillin-Derivate ist die Gabe bei einer Penizillin-Allergie kontraindiziert, ebenso bei Nieren- oder Herzinsuffizienz oder einer lymphatischen Leukämie.
  • Metronidazol: Das Nitroimidazol-Derivat wirkt bakterizid gegen Anaerobier und Protozoen. Als Kontraindikationen gelten neben einer Überempfindlichkeit auf Nitroimidazole vor allem Alkoholkonsum, Schwangerschaft und das Stillen.

Methodik: 656 Teilnehmer, 12 standardisierte Fragen

Die hier besprochene Studie [1] hat fünf zwischen 2007 und 2019 in Brasilien durchgeführte randomisierte klinische Studien (RCT) hinsichtlich des Auftretens von Nebenwirkungen bei der Einnahme der Kombination Amoxicillin plus Metronidazol erneut retrospektiv ausgewertet.

Es konnten die Daten von 656 Studienteilnehmern genutzt werden. Behandelt wurden größtenteils systemisch gesunde 46,4 ± 9,4 Jahre alte Probanden im Rahmen der antimikrobiellen Parodontitis-Therapie. Es bestand ein leicht erhöhter Anteil weiblicher Studienteilnehmer (58,1 %).

Die Studienteilnehmer bekamen entweder die Antibiotika Amoxicillin (500 mg) + Metronidazol (400 oder 250 mg) oder Placebos (3x/Tag für 14 Tage), entweder während der aktiven Therapie oder während der Heilungsphase und drei Monate nach der subgingivalen Instrumentierung. Die Patienten beantworteten jeweils am 14. Tag der Medikation 12 standardisierte Fragen.

[1] Retamal-Valdes et al. Adverse events of metronidazole and amoxicillin: Retrospective analysis of a large data set of five randomized clinical trials. J Clin Periodontol, 2022 Nov;49(11):1121-113

Ergebnisse zu den Nebenwirkungen der Amoxicillin-Metronidazol-Kombination

Zu bemerken ist, dass die überwiegende Mehrzahl der Studienteilnehmer der verschriebenen Medikation folgen konnten und dies auch wieder tun würden.

Nebenwirkungen traten auch in der Placebogruppe auf, was nicht ungewöhnlich ist: Die Häufigkeit an Nebenwirkungen variierte zwischen den Behandlungsgruppen und hinsichtlich der beschriebenen Ereignisse. Die Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen war bei jüngeren (< 49 Jahre) und/oder weiblichen Patienten, solchen mit Diabetes mellitus oder auch bei einer Antibiotikaeinnahme während der Heilungsphase erhöht.

  • In der Antibiotikagruppe waren metallischer Geschmack (17,7 %), Unwohlsein (12,3 %), starke Müdigkeit (11 %), Kopfschmerzen/Schwindel (10,3 %) und Magen-Darm-Problematiken (Durchfall 10,3 %) besonders häufig.
  • In der Placebogruppe wurde von Unwohlsein (13,6 %) und metallischem Geschmack (11,6 %) am häufigsten berichtet.

Schlussfolgerungen zur Antibiotika-Kombination: Nebenwirkungen relativ selten

Die hier vorliegende Analyse gibt interessante Hinweise auf die Art und die Häufigkeit des Auftretens von Nebenwirkungen der Antibiotikakombination Amoxicillin und Metronidazol. Die Antibiotika wurden im Rahmen der antimikrobiellen Parodontitis-Therapie zusätzlich verabreicht.

Demnach sind unerwünschte Nebenwirkungen relativ selten. Im Vordergrund stehen dabei Magen-Darm-Problematiken und ein metallischer Geschmack. Daten aus Europa mit vergleichbarer Aussagekraft weisen in dieselbe Richtung.

Die klinische Schlussfolgerung, diese Kombination als relativ sicher einzustufen, scheint damit konsistent und auch auf andere Verhältnisse übertragbar zu sein.

Wichtig zu erwähnen ist zweierlei:

  1. Es handelt sich bei einer Parodontitis um eine Biofilm-assoziierte Erkrankung. Dies bedeutet, dass ein Biofilm zunächst immer mechanisch zerstört werden muss, damit die Antibiotika die entsprechenden pathogenen Bakterien erreichen können. Idealerweise werden die Antibiotika daher parallel zur ersten subgingivalen Instrumentierung verabreicht.
  2. In der vorliegenden Analyse wurden mit großer Wahrscheinlichkeit Patienten mit unterschiedlichem parodontalen Schweregrad behandelt. Die oben erwähnte S3 Leitlinie beschränkt die adjuvante Antibiotikagabe jedoch vornehmlich auf junge Patienten mit rascher Progressionsrate, d. h. nachgewiesenem Grad C.

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(c) Clemens Walter

* Prof. Dr. Clemens Walter erhielt seine Approbation im Jahr 2000. Von 2001 bis 2003 absolvierte er das Postgraduiertenprogramm in Parodontologie und Implantologie an der Charité Berlin. Die Promotion erfolgte 2005.

Von 2010 bis 2021 war er Leiter des Weiterbildungsprogrammes Parodontologie an der Universität Basel, wo er 2012 habilitierte. 2016 wurde er Außerordentlicher Professor an der Universität Basel, 2021 übernahm er den Lehrstuhl für Zahnerhaltung, Parodontologie, Endodontologie, Präventive Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsmedizin Greifswald.

Seit 2023 ist er an der Abteilung für Parodontologie, Orale Medizin und Orale Chirurgie, Charité-Universitätsmedizin Berlin, tätig.